„Die örtliche Zuständigkeit und damit die Frage, ob eine internationale Zuständigkeit begründet ist, richtet sich in einem solchen Fall von Klagen vor den ordentlichen Gerichten, durch die Ansprüche nach dem Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen geltend gemacht werden (§ 15 Abs. 1 GeschGehG), daher nach § 15 Abs. 2 GeschGehG. Im – hier nicht gegebenen – Regelfall ist nach § 15 Abs. 2 Satz 1 GeschGehG das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Hat der Beklagte – wie hier die Antragsgegner – im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand, ist nach § 15 Abs. 2 Satz 2 GeschGehG nur das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen worden ist. Das Landgericht ist zutreffend und in Einklang mit der Ansicht der Antragstellerin davon ausgegangen, dass Art. 7 Brüssel Ia-VO die Zuständigkeit hier nicht begründen kann, weil die Antragsgegner ihren (Wohn-)Sitz nicht im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben.“
§ 15 Abs. 2
S. 2 GeschGehG:
„Hat
der Beklagte im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand, ist nur das Gericht
zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen worden ist.“
Art. 7
Brüssel Ia-VO:
„Eine
Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat,
kann in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden…“
Gründe (vereinfacht):
Die
Antragstellerin hat geltend gemacht:
Die Antragstellerin
ist im Bezirk des angerufenen Gerichts ansässig. Der in den Vereinigten Staaten
von Amerika wohnhafte Antragsgegner zu 1 sei der Chief Executive Officer der
ebenfalls dort ansässigen Antragsgegnerin zu 2. Er habe Dateien, die
Geschäftsgeheimnisse der Antragstellerin enthielten, von seinem beruflichen
E-Mail-Account bei der Antragstellerin an einen privaten E-Mail-Account
versandt sowie auf private Datenträger wie die beschlagnahmte Festplatte und
den USB-Stick gespeichert, ohne hierzu berechtigt zu sein.
Der
Antragsgegner zu 1 habe daher die Geschäftsgeheimnisse der Antragstellerin
gemäß § 4 Abs. 3 GeschGehG verletzt.
Das
Landgericht hat den am 21. Februar 2022 eingereichten Antrag als
unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei gemäß
§ 937 Abs. 1 ZPO örtlich und damit auch international nicht
zuständig. Insbesondere begründe der Sitz der Antragstellerin im hiesigen
Zuständigkeitsbereich keinen Erfolgsort bzw. Begehungsort im Sinn von § 15
Abs. 2. Satz 2 GeschGehG. Ein Erfolgsort des Erlangens, Nutzens oder
Offenlegens von Geschäftsgeheimnissen sei allenfalls dort anzunehmen, wo die
Geschäftsgeheimnisse aufgerufen und zur Kenntnis genommen werden. Dass solches
im hiesigen Bezirk erfolgt sei oder auch nur konkret drohen würde, sei nicht
erkennbar. Auf einen Erfolg im Sinn eines Schadenseintritts oder einer
Rechtsgutsbeeinträchtigung komme es nach den hier einschlägigen Normen nicht
an.
II. Die
zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das Landgericht hat mit Recht
seine Zuständigkeit nach § 937 Abs. 1 ZPO verneint, weil es für die
Hauptsache nicht zuständig wäre.
Das
Landgericht ist zutreffend und in Einklang mit der Ansicht der Antragstellerin
davon ausgegangen, dass Art. 7 Brüssel Ia-VO die Zuständigkeit hier nicht
begründen kann, weil die Antragsgegner ihren (Wohn-)Sitz nicht im Hoheitsgebiet
eines Mitgliedstaats haben. Die örtliche Zuständigkeit und damit die Frage, ob
eine internationale Zuständigkeit begründet ist, richtet sich in einem solchen
Fall von Klagen vor den ordentlichen Gerichten, durch die Ansprüche nach dem
Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen geltend gemacht werden (§ 15
Abs. 1 GeschGehG), daher nach § 15 Abs. 2 GeschGehG. Im – hier
nicht gegebenen – Regelfall ist nach § 15 Abs. 2 Satz 1
GeschGehG das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte
seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Hat der Beklagte – wie hier die
Antragsgegner – im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand, ist nach § 15
Abs. 2 Satz 2 GeschGehG nur das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die
Handlung begangen worden ist. Das Landgericht ist nicht der Ansicht der
Antragstellerin entgegengetreten, wonach damit sowohl der Handlungsort als auch
der Erfolgsort bezeichnet sind, was mit der insoweit einhelligen Ansicht
übereinstimmt (vgl. nur Alexander in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG,
40. Aufl., GeschGehG § 15 Rn. 27). Gegen die zutreffende
Beurteilung des Landgerichts, dass sich hier kein Handlungsort in dessen Bezirk
feststellen lässt, wendet sich die Beschwerde, die auch keinen anderen inländischen
Handlungsort vorträgt, nicht. Sie beanstandet ausschließlich, dass das
Landgericht sodann auch den allein noch zur Begründung der Zuständigkeit in
Betracht kommenden Erfolgsort nicht in seinem Bezirk erkannt hat. Damit hat sie
keinen Erfolg.
Wie bei der
insoweit übereinstimmend formulierten Regelung in § 32 ZPO ist ein Ort des
Schadenseintritts Begehungsort nur, wenn der Schadenseintritt selbst zum
Tatbestand der Rechtsverletzung gehört, wie etwa bei einer deliktischen Haftung
nach § 826 BGB oder nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263
StGB, die den Eintritt eines Vermögensschadens erfordern (vgl. nur
Zöller/Schultzky, ZPO, 34. Aufl., § 32 ZPO, Rn. 19 mit
umfangreichen Nachweisen; Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG,
40. Aufl. § 14 Rn. 16). Eine „Rechtsverletzung“ im Sinn von
§ 6 UWG (siehe auch die Definition des Begriffs „Rechtsverletzer“ in
§ 2 Nr. 3 GeschGehG) liegt indes bereits bei einer Zuwiderhandlung
gegen eines der in § 4 UWG normierten Handlungsverbote vor. Die
Zuwiderhandlung setzt tatbestandsmäßig einen der dort genannten Erfolge voraus,
der indes nicht etwa in einer „Verletzung“ des Geschäftsgeheimnisses im Sinn
einer bei dessen Inhaber spürbaren Beeinträchtigung desselben, sondern
unabhängig von der Wirkung auf den Inhaber bereits in der Erlangung, Nutzung
oder Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses liegt. Ein Bezug zum Inhaber des
Geschäftsgeheimnisses besteht dabei lediglich insoweit, als ein
Geschäftsgeheimnis als taugliches Tatobjekts denknotwendig bei einer bestimmten
Person entstanden sein muss, was insbesondere nach § 2 Nr. 1
Buchst. b GeschGehG Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen
Inhaber voraussetzt. Die (rechtmäßige) Schaffung des Tatobjekts durch den
Inhaber ist freilich nicht Teil der Begehung im Sinn von § 15 Abs. 2
Satz 2 GeschGehG. Dass ferner auf Rechtsfolgenseite die
Anspruchsberechtigung nach § 6 Satz 1 GeschGehG dem Inhaber des
Geschäftsgeheimnisses zugewiesen ist, macht dessen Verletzung ebenfalls weder
zu einem Element der verbotenen Handlung noch zu einem tatbestandnotwendigen
Erfolg. …
Die hier
gefundene Sichtweise entspricht der vom Gesetzgeber gewollten Einordnung der
Regelungen über den Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Dieser wollte mit § 4
GeschGehG einen Katalog von „Handlungsverboten“ schaffen, bei deren
Missachtung eine rechtswidrige Erlangung oder eine rechtswidrige Nutzung oder
Offenlegung vorliegt. Die Festlegung eines Katalogs von Handlungsverboten soll
verdeutlichen, dass Geschäftsgeheimnisse nicht gegen jede Benutzung durch
Dritte ohne Zustimmung des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses geschützt werden,
sondern nur gegen bestimmte unlautere Verhaltensweisen. Dies soll dem Umstand
Rechnung tragen, dass es sich bei Geschäftsgeheimnissen zwar in gewisser Weise
um Immaterialgüterrechte handelt, aber anders als bei Patenten, Marken und
Urheberrechten keine subjektiven Ausschließlichkeits- und Ausschließungsrechte
vorliegen können (BT-Drucks. 19/4724, S. 19, 26). Entgegen der Ansicht der
Beschwerde bezweckt das Gesetz keinen Schutz gegen die „primäre Verletzung“
von Geschäftsgeheimnissen als geschützten bzw. „vermögenswerten“ Rechtsgütern,
sondern dient konkret dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor unerlaubter
Erlangung, Nutzung und Offenlegung (§ 1 Abs. 1 GeschGehG). Dass
den so geschützten Geheimnissen Vermögenswert zukommt, ändert nichts daran,
dass es für das Vorliegen einer Zuwiderhandlung nach § 4 GeschGehG nicht
auf einen Erfolg der Beeinträchtigung dieses „Rechtsguts“ ankommt, sondern
allein auf die dort genannten Handlungserfolge.
Allerdings
geht das Oberlandesgericht Düsseldorf (Beschluss vom 25. November 2021 –
15 SA 1/21, BeckRS 2021, 38391 Rn. 55) offenbar davon aus, im Sinn von
Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO sei der „Ort der Verwirklichung des
Schadenserfolgs“ (Erfolgsort) bei unerlaubten Handlungen in Gestalt von
Zuwiderhandlungen gegen § 4 GeschGehG am Ort des Sitzes der „betroffenen“
Rechtsinhaberin zu lokalisieren. Es kann dahinstehen, ob im Rahmen dieser
Vorschrift – was naheliegt – der Erfolgsort einer Handlung nach § 4
GeschGehG ebenso zu bestimmen ist, wie nach § 15 Abs. 2 Satz 2
GeschGehG. Nach Auffassung des Senats fehlt es aus den oben genannten Gründen
an einem zur Anknüpfung des Erfolgsorts geeigneten Tatbestandsmerkmal der
„Betroffenheit“ des (lediglich anspruchsberechtigten) Inhabers des Geschäftsgeheimnisses.
Die zu anderen Ansprüchen, nämlich neben § 823 Abs. 2 i.V.m.
§ 17 UWG aF auch § 823 Abs. 1, § 826 BGB ergangene
Entscheidung des Landgerichts Frankfurt (Urteil vom 15. November 2004 –
2-18 O 109/04, BeckRS 2010, 17136), ist auf die hier interessierende Frage der
Auslegung von § 15 GeschGehG nicht zu übertragen. Soweit das
Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 21. November 2019 – I-2 U 34/19,
juris Rn. 10 f) ausgeführt hat, für die Bestimmung des anwendbaren Rechts
komme es nach Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO, ggf. i.V.m. Art. 6
Abs. 2 Rom II-VO auf den Sitz des beeinträchtigten Inhabers des
Geschäftsgeheimnisses (beeinträchtigten Wettbewerbers) an, kann dahinstehen, ob
dem zuzustimmen ist. Diese Beurteilung wäre jedenfalls nicht auf die Bestimmung
der internationalen Zuständigkeit nach § 15 Abs. 2 Satz 2
GeschGehG zu übertragen.
Ein
Erfolgsort am Sitz des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses lässt sich auch nicht
aus Überlegungen zum Zuständigkeitsregime im Lauterkeitsrecht ableiten. Zwar
beruht die Regelung in § 15 (insbes. Abs. 1) GeschGehG auf der
Vorstellung des Gesetzgebers, dass Gemeinsamkeiten des Schutzes von
Geschäftsgeheimnissen mit dem Recht gegen den unlauteren Wettbewerb bestehen
(BT-Drucks. 19/4724, S. 35). Indes ist auch im Lauterkeitsrecht selbst bei
individuell einen Wettbewerber berührenden Zuwiderhandlungen nicht ohne
Weiteres ein Erfolgsort an dessen Sitz gegeben. Soweit ein Verstoß gegen das
Lauterkeitsrecht (wie etwa gegen § 4 Nr. 1 UWG) voraussetzt, dass die
Handlung geeignet ist, die wettbewerblichen Interessen des Mitbewerbers auf dem
fraglichen Markt zu beeinträchtigen, ist zwar etwa nach Art. 7 Nr. 2
Brüssel Ia-VO ein Gerichtsstand im Inland nur begründet, wenn sich der
Internetauftritt bestimmungsgemäß auf den inländischen Markt auswirken soll.
Schon insoweit kommt es indes gerade nicht darauf an, wo der betroffene
Mitbewerber seinen gewöhnlichen Aufenthalt und Lebensmittelpunkt hat (vgl. BGH,
Urteil vom 12. Dezember 2013 – I ZR 131/12, juris Rn. 24; siehe auch
Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. § 14
Rn. 18). Zwar wird mitunter angenommen, der Begehungsort könne auch am
Belegenheitsort des „geschützten Rechtsgutes“ liegen, namentlich bei unlauteren
Eingriffen mit Betriebsbezogenheit (Ehricke/Könen in MünchKommUWG,
3. Aufl., § 14 Rn. 69, 82 mwN). Dies mag in Fällen zutreffen, in
denen die Auswirkungen auf den Betroffenen für die Feststellung des
Rechtsverstoßes von Bedeutung sind, in denen also ohne gerade diesen Erfolg die
Handlung nicht vollendet wäre (vgl. Tolkmitt in
Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 5. Aufl., § 14 Rn. 100;
siehe auch Rn. 101 f). Dies kann auch der Fall sein, wenn sich eine
Maßnahme gezielt gegen einen Mitbewerber richtet (individuelle Behinderung), so
dass dann auf den Ort abzustellen ist, wo der Mitbewerber gehindert wird, tätig
zu werden bzw. seine Leistung zur Geltung zu bringen (vgl. Tolkmitt in
Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 5. Aufl., § 14 Rn. 101).
Auf solche Auswirkungen kommt es aber für die Feststellung einer Zuwiderhandlung
gegen § 4 GeschGehG gerade nicht an.
Soweit der
Bundesgerichtshof (Urteil vom 23. Oktober 1979 – KZR 21/78, GRUR 1980, 130
[juris Rn. 21] – Kfz-Händler) im Fall einer Boykottaufforderung die
internationale Zuständigkeit u.a. daraus abgeleitet hat, dass die auf eine
Beschränkung des Wettbewerbs gerichteten Handlungen jedenfalls hinsichtlich
eines Teiles der Tatbestandsverwirklichung eine Beziehung zum Inland hatten,
ergibt sich daraus nichts Anderes. Maßgeblich dafür war nämlich, dass sich
weder ein Boykott noch ein zum Schadensersatz verpflichtender Verstoß gegen
Art. 85 EWGV feststellen lassen, ohne dass die Maßnahme auf die
Beeinträchtigung der Wettbewerbssituation eines bestimmten Wettbewerbers
abzielt. Ein solcher Erfolg in Gestalt der Beeinträchtigung des Betroffenen –
wenigsten als Gegenstand eines subjektiven Tatbestandsmerkmals – ist bei den
Handlungen nach § 4 GeschGehG nicht kennzeichnend. Aus der Rechtsprechung
zum Erfolgsort bei verbotenen Kartellabsprachen (BGH, Beschluss vom 27. November
2018 – X ARZ 321/18, GRUR 2019, 213 Rn. 18) folgt ebenfalls nicht Anderes.
Die
Überlegungen der Beschwerde zu Systematik und Sinn und Zweck der Vorschrift
greifen nicht durch. Wie die Regelung in § 15 Abs. 1 Satz 1
GeschGehG zeigt, ging es dem Gesetzgeber insbesondere nicht darum, dem Inhaber
des Geschäftsgeheimnisses eine Durchsetzung seiner Rechte an seinem Sitz zu
ermöglich. Darin zeigt sich auch, dass der Gesetzgeber der Aufklärung der am
Sitz des Geheimnisinhabers vorliegenden Tatumstände (etwa hinsichtlich der
Entstehung des Geschäftsgeheimnisses) eher geringeres Gewicht beigemessen hat,
als den Tatumständen der Begehung, an deren Ort in Ermangelung eines
inländischen allgemeinen Gerichtsstands des Beklagten die Zuständigkeit nach
§ 15 Abs. 2 Satz 2 GeschGehG liegt. Die letztgenannte Regelung
hat schon deshalb einen sinnvollen Anwendungsbereich, weil sie durch
ausländische Personen im Inland begangene Handlungen erfasst. Umgekehrt ist
nicht zu erkennen, dass es bei im Ausland begangenen Handlungen an einem Zugang
zu den Gerichten fehlt. Dass § 15 Abs. 2 Satz 2 GeschGehG einen
ausschließlichen örtlichen Gerichtsstand („nur“) anordnet, betrifft lediglich
die Zuständigkeitsverteilung deutscher Gerichte und soll ersichtlich nicht etwa
anderweitig begründete internationale Gerichtsstände derogieren. Soweit diese
Vorschrift zugleich eine internationale Zuständigkeit der deutschen
Gerichtsbarkeit begründet, folgt daraus nichts für etwaige (zusätzliche)
Gerichtsstände im Ausland. Es ist auch nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber
eine maximale Ausdehnung der deutschen Gerichtsbarkeit insbesondere auf
sämtliche im Ausland begangenen Handlungen erreichen wollte, soweit das
Geschäftsgeheimnis eines im Inland ansässigen Unternehmens betroffen ist. Dies
wäre auch mit Blick darauf, dass in derartigen Fällen tatsächlicher
Aufklärungsbedarf (insbesondere eine Beweisaufnahme) hinsichtlich der
insbesondere streitträchtigen Frage der Zuwiderhandlung im Ausland zu erwarten
wäre, nicht sachgerecht und entspräche gerade nicht dem Sinn eines deliktischen
Gerichtsstands. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass hinsichtlich solcher
Auslandshandlungen außerhalb Deutschlands kein Rechtsschutz zu erlangen wäre,
etwa am Handlungsort oder am Sitz der Antragsgegner. Dies gilt unabhängig davon,
ob das ausländische Gericht das Rechtsverhältnis nach deutschem oder
ausländischem materiellem Recht zu beurteilen hat. Somit erfordern auch weder
das durch die Beschwerde angeführte – allerdings schon mangels Verletzung des
Geschäftsgeheimnisses durch die öffentliche Gewalt gar nicht einschlägige –
Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG noch der –
hier interessierende – allgemeine Justizgewährleistungsanspruch eine Auslegung,
wonach § 15 Abs. 2 Satz 2 GeschGehG mangels Handlung oder Erfolg
im Sinn von § 4 GeschGehG im Inland wenigstens einen Gerichtsstand am
inländischen Sitz des Geheimnisinhabers bereitstellen müsste.
Kommentar:
Das
Oberlandesgericht Karlsruhe entscheidet stark am Wortlaut dokumentiert, negiert
aber die europäische Rechtsentwicklung im Deliktsrecht: Wie das
Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 21. November 2019 – I-2 U 34/19,
juris Rn. 10 f) ausgeführt hat, kommt es für die Bestimmung des anwendbaren
Rechts nach Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO, ggf. i.V.m. Art. 6
Abs. 2 Rom II-VO auf den Sitz des beeinträchtigten Inhabers des
Geschäftsgeheimnisses (beeinträchtigten Wettbewerbers) an. Art. 4
Abs. 1 Rom II-VO lautet:
„Soweit in
dieser Verordnung nichts anderes vorgesehen ist, ist auf ein außervertragliches
Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung das Recht des Staates anzuwenden, in
dem der Schaden eintritt, unabhängig davon, in welchem Staat das
schadensbegründende Ereignis oder indirekte Schadensfolgen eingetreten sind.“
Zwar geht es
hier um die Bestimmung des anwendbaren Rechts, doch verliert im europäischen
Kontext die typisch deutsche Unterscheidung zwischen Handlungs- und Erfolgsort
an Bedeutung. Das europäische Recht knüpft zuvorderst am Erfolgsort an, nicht
zuletzt Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO belegt:
„…, wenn
eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung
gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den
Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende
Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht;
Mit dem
Oberlandesgericht Karlsruhe kann man nun den Erfolg der Verletzung eines
Geschäftsgeheimnisses schon der Handlung inhärent ansehen, man kann aber § 15
Abs. 2 S. 2 GeschGehG auch europäischer auslegen und den Erfolg analog Art. 7
Nr. 2 Brüssel Ia-VO, Art. 4 Abs. 2 Rom II-Verordnung (EG) Nr. 864/2007 am
gewöhnlichen Aufenthaltsort der geschädigten Personen festmachen. Die
Rechtsentwicklung scheint in diese Richtung zu gehen.