Donnerstag, 9. Februar 2012

Aufstellungsbeschluss macht Baugrundstück mangelhaft - Oberlandesgericht Stuttgart lässt Verkäufer für alle aufgrund eines Aufstellungsbeschlusses erlassenen Baubeschränkungen haften

Eine alltägliche Situation: Ein Grundstück, für das ein gültiger Bebauungsplan besteht, soll verkauft werden. Der potentielle Käufer (Bauträgergesellschaft) hat nur ein Interesse an einem Baugrundstück. Alle Beteiligten suchen die Baurechtsbehörde auf und prüfen den Bebauungsplan. Aufgrund der möglichen Bebauung wird der Kaufpreis festgesetzt. Etwaige Risiken scheint es nicht zu geben. Trotzdem wird die Bauplatzeigenschaft zugesichert. Nach Erwerb des Grundstücks reicht der Käufer seinen dem Bebauungsplan entsprechende Bauantrag ein. Die Gemeinde sieht die Nutzung der bestehenden Bebauung gefährdet und stellt den Bauantrag zurück, erlässt schließlich Veränderungssperre und einen abweichenden Bebauungsplan, der eine wirtschaftliche Bebauung unmöglich macht. Grundlage ist ein mehr als 15 Jahre alter Aufstellungsbeschluss der Gemeinde, den weder die Gemeinde, noch Käufer oder Verkäufer kannten. Alle sind verärgert. Wer muss für die nun fehlende Bebaubarkeit des Grundstücks haften?
Zwar verneint das Oberlandesgericht Stuttgart in seiner Entscheidung vom 10. Januar 2012 (12 U 94/10) eine Garantie der Bauplatzeigenschaft, da allen Beteiligten klar gewesen sein musste, dass der Verkäufer nicht verschuldensunabhängig für die Bebaubarkeit einstehen wollte, doch bejaht es eine entsprechende Beschaffenheitsvereinbarung. Bauplatzeigenschaft schließt also das Fehlen eines Aufstellungsbeschlusses der Gemeinde ein. Das klingt schlüssig. Mit einem Aufstellungsbeschluss kann die Gemeinde die Bebaubarkeit eines Grundstücks grundlegend ändern. Dieses Risiko fällt in die Sphäre des Verkäufers, wenn es um ein Baugrundstück geht. Die Möglichkeit eines späteren Aufstellungsbeschluss ändert daran nichts. Diese alternative Kausalität ändert nichts an der Kausalität des vor Abschluss des Kaufvertrages schon erlassenen Aufstellungsbeschluss für die nachfolgende Beschränkung der Bebaubarkeit.
Das Urteil ist rechtskräftig. Das Oberlandesgericht ließ die Revision zum Bundesgerichtshof zu, doch wollte der Verkäufer den Rechtsstreit nicht weiter verfolgen.