Freitag, 8. Dezember 2017

Das neue Transparenzregister

Mit Wirkung zum 1. Oktober 2017 müssen juristische Person des Privatrechts, eingetragene Personengesellschaften oder vergleichbare Rechtsgestaltungen Angaben über Ihre wirtschaftlich Berechtigten zum dafür neu geschaffenen Transparenzregister melden (Gesetz vom 23. Juni 2017 Bundesgesetzblatt I 2017,1822). Das Geldwäschegesetz wurde neu gefasst und in §§ 18-26 das Transparenzregister geschaffen. Ein Verstoß hiergegen kann mit Geldbußen von bis zu 100.000 € regelmäßig geahndet werden.

Wirtschaftlich Berechtigter ist, wer mehr als 25 % der Kapitalanteile hält oder Stimmrechte kontrolliert oder auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt.

Diese Pflicht zur Meldung trifft auch ausländische Gesellschaften, sogar Trusts, für die der Trustee als rechtlicher Eigentümer verpflichtet ist. Das zuständige Vertretungsorgan der ausländischen Gesellschaft ist zu ermitteln. Was den Trust betrifft, so sind seine verschiedenen Ausprägungen in den einzelnen Jurisdiktionen des Common Law sowie die verschiedenen Arten von Trusts auf international-privatrechtlicher Ebene zu beachten.

Die Offenlegungspflicht berührt gesellschaftsrechtlich vor allem Stimmbindungsvereinbarungen und andere Treuhandverhältnisse, die Regelbeispiele für die Kontrolle auf vergleichbare Weise darstellen. Die nahezu uneingeschränkte Vertraulichkeit solcher Vereinbarungen scheint damit nicht mehr zu gelten. Bis jetzt war es möglich, mit Gesellschaftervereinbarungen neben der eigentlichen Satzung den wirtschaftlich Berechtigten nicht öffentlich zu machen. Nur die Satzung selbst z.B. einer GmbH oder Aktiengesellschaft muss zum Handelsregister eingereicht werden.

Außerdem stellt sich die Frage, wer ein Einsichtsrechts hat. Das Gesetz spricht lapidar von „berechtigtem Interesse“ (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GwG). Inwieweit dieses Interesse mit dem Zweck des Geldwäschegesetzes, hier also die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zusammenhängen muss, ist bis jetzt offen.


Weiterhin spannend für jedes Unternehmen ist die Frage, ob ein Verstoß gegen die Offenlegungspflicht wettbewerbsrechtlich, hier also als Vorsprung durch Rechtsbruch gemäß § 3a UWG durch Wettbewerber verfolgt werden kann. Danach handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Sollen die Angaben über den wirtschaftlich Berechtigten im Transparenzregister also nicht nur der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung dienen, sondern auch das Marktverhalten regeln? Jedenfalls ist eine solche Entwicklung nicht auszuschließen, sei es durch die Rechtsprechung, sei es durch Ergänzung des Geldwäschegesetzes. Jeder in diesem Bereich tätige Anwalt sollte also schon jetzt Gesellschaftervereinbarungen, die nicht zum Handelsregister eingereicht werden müssen, daraufhin prüfen, ob die Offenlegung im Transparenzregister vertretbar ist. Es droht in jedem Fall das Risiko der Einsichtnahme durch Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden, unter Umständen auch durch Wettbewerber.

Freitag, 3. November 2017

Mitgliedstaaten können Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegen wollen, nicht zur Liquidation verpflichten

Europäischer Gerichtshof, C-106/16-Polbud – Wykonawstwo sp.z o. o.

Aus Luxemburg erhalten wir wieder ein bisschen mehr Gewissheit über grenzüberschreitende Gesellschaftsaktivitäten. Die Rechtsprechung nach dem Urteil C-378/10 VALE, welche grenzüberschreitende Umwandlung unter den Schutz der Niederlassungsfreiheit stellte, wird fortgesetzt. Nicht nur die Verlegung des tatsächlichen Verwaltungssitzes, sondern auch die Verlegung des satzungsmäßigen Sitzes muss zwischen den Mitgliedstaaten möglich sein. Anders als im Urteil C-210/06 CARTESIO geht es nicht um die Beibehaltung der Gesellschaftsform eines Mitgliedstaats bei Verlegung des tatsächlichen Verwaltungssitzes in einen anderen Mitgliedstaats. Damals konnte Ungarn verhindern, dass eine in Ungarn eingetragene ungarische Gesellschaft außerhalb Ungarns ihren Verwaltungssitz nimmt („Inländerdiskriminierung“). Dagegen ermöglichte die Niederlassungsfreiheit schon damals einer Gesellschaft die Verlegung in einen anderen Mitgliedstaat, indem sie sich in eine Gesellschaftsform des Rechts dieses Staates umwandelt, ohne dass sie im Zuge der Umwandlung aufgelöst und abgewickelt werden muss, wenn das Recht des Aufnahmemitgliedstaats dies gestattet. Gleiches gilt hier: Die polnische Gesellschaft kann ihren satzungsmäßigen Sitz in Luxemburg nur entnehmen, wenn sie sich unter Beachtung der dafür einschlägigen Normen in eine luxemburgische Gesellschaft umwandelt.

Polbud ist eine Gesellschaft mit Sitz in Polen. Mit einem Beschluss von 2011 entschied ihre außerordentliche Hauptversammlung, den Gesellschaftssitz nach Luxemburg zu verlegen. Dieser Beschluss enthält keinen Hinweis darauf, dass der Verwaltungssitz von Polbud oder der Ort der tatsächlichen Ausübung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit ebenfalls nach Luxemburg verlegt worden wäre.

Auf der Grundlage dieses Beschlusses wurde die Eröffnung des Liquidationsverfahrens ins polnische Handelsregister eingetragen und der Liquidator wurde bestellt.

Im Jahr 2013 wurde der satzungsmäßige Sitz von Polbud nach Luxemburg verlegt. Polbud wurde zu „Consoil Geotechnik Sàrl“, einer Gesellschaft luxemburgischen Rechts. Außerdem beantragte Polbud beim polnischen Registergericht die Löschung im polnischen Handelsregister. Dieser Löschungsantrag wurde vom Registergericht abgelehnt.

Gegen diesen Beschluss erhob Polbud Klage. Der im Rechtsmittelverfahren mit der Sache befasste Polnische Oberste Gerichtshof möchte vom Gerichtshof zunächst wissen, ob die Niederlassungsfreiheit für die Verlegung lediglich des satzungsmäßigen Sitzes einer nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaft in einen anderen Mitgliedstaat gilt, wenn die Gesellschaft ohne Verlegung ihres tatsächlichen Sitzes in eine dem Recht dieses anderen Mitgliedstaats unterliegende Gesellschaft umgewandelt wird. Weiter fragt der Oberste Gerichtshof, ob die Regelung Polens, die die Löschung im Handelsregister davon abhängig macht, dass die Gesellschaft am Ende eines Liquidationsverfahrens aufgelöst wird, mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar ist.

Der europäische Gerichtshof bejaht erwartungsgemäß die Geltung der Niederlassungsfreiheit und verneint die Pflicht zur Liquidation.

Für den vorliegenden Fall gilt demnach, dass Polbud durch die Niederlassungsfreiheit den Anspruch auf Umwandlung in eine Gesellschaft luxemburgischen Rechts erhält, soweit sie die nach luxemburgischem Recht für die Gründung einer Gesellschaft geltenden Voraussetzungen und insbesondere das Kriterium erfüllt, das in Luxemburg für die Verbundenheit einer Gesellschaft mit seiner nationalen Rechtsordnung erforderlich ist.

Außerdem fällt nach Auffassung des Gerichtshofs ein Sachverhalt, bei dem eine nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründete Gesellschaft eine Umwandlung in eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegende Gesellschaft unter Beachtung des Kriteriums vornehmen will, das in diesem anderen Mitgliedstaat für die Verbundenheit einer Gesellschaft mit seiner nationalen Rechtsordnung erfüllt werden muss, unter die Niederlassungsfreiheit, selbst wenn diese Gesellschaft ihre Geschäftstätigkeit im Wesentlichen oder ausschließlich im ersten Mitgliedstaat ausüben soll. Dass eine Gesellschaft ihren – satzungsmäßigen oder tatsächlichen – Sitz nach dem Recht eines Mitgliedstaats begründet, um in den Genuss günstigerer Rechtsvorschriften zu kommen, stellt für sich allein keinen Missbrauch dar.

Zweitens bemerkt der Gerichtshof, dass eine polnische Gesellschaft wie Polbud zwar grundsätzlich befugt ist, ihren satzungsmäßigen Sitz ohne Verlust ihrer Rechtspersönlichkeit von Polen in einen anderen Mitgliedstaat zu verlegen, dass sie aber nach polnischem Recht nur dann im polnischen Handelsregister gelöscht werden kann, wenn zuvor ein Liquidationsverfahren durchgeführt wurde. Insoweit weist der Gerichtshof darauf hin, dass nach polnischem Recht von der Liquidation die Beendigung der laufenden Geschäfte und die Beitreibung der Forderungen der Gesellschaft, die Erfüllung der Verbindlichkeiten und die Verflüssigung des Gesellschaftsvermögens, die Befriedigung oder Absicherung der Gläubiger, die Erstellung eines Finanzberichts über die Vornahme dieser Handlungen und die Benennung des Verwahrers der Bücher und Unterlagen der Gesellschaft, die abgewickelt wird, umfasst sind. Die polnische Regelung ist, da sie die Liquidation der Gesellschaft verlangt, geeignet, die grenzüberschreitende Umwandlung einer Gesellschaft zu erschweren oder gar zu verhindern. Folglich stellt diese Regelung eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar.

Eine solche Beschränkung kann grundsätzlich durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses, etwa den Schutz der Gläubiger, der Minderheitsgesellschafter und der Arbeitnehmer gerechtfertigt sein. Die polnische Regelung sieht jedoch eine allgemeine Verpflichtung zur Liquidation vor, ohne dabei zu berücksichtigen, ob tatsächlich eine Gefahr für diese Interessen besteht, und ohne eine Möglichkeit vorzusehen, weniger einschneidende Maßnahmen zu wählen, durch die diese Interessen ebenso geschützt werden können. Folglich geht eine solche Verpflichtung über das hinaus, was zur Erreichung des Ziels, die genannten Interessen zu schützen, erforderlich ist.