Dienstag, 17. Mai 2022

Schiedsvereinbarungen in Gesellschaften

Mit seinem Beschluss vom 23. September 2021 (I ZB 13/21 - Schiedsfähigkeit IV) hat der Bundesgerichtshof sich vielleicht letztmalig zur Schiedsfähigkeit bei Beschlussmängelstreitigkeiten in Personengesellschaften nach altem Recht geäußert. Insbesondere hält er fest, dass die in seiner Rechtsprechung zu Kapitalgesellschaften aufgestellten Anforderungen grundsätzlich nur für solche Personengesellschaften gelten, in denen Beschlussmängelstreitigkeiten gegen die Gesellschaft und nicht gegen die anderen Gesellschafter zu führen sind. Diese Rechtsprechung sollte durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz - MoPeG) stark modifiziert werden. Das Gesetz vom 10.08.2021 - BGBl. I 2021, Nr. 53 17.08.2021, S. 3436, tritt zum 1. Januar 2024 in Kraft.

Die Anforderungen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind bis jetzt:

  • Information jedes Gesellschafters über die Einleitung und den Verlauf des Schiedsverfahrens
  • Möglichkeit der Mitwirkung sämtlicher Gesellschafter an der Auswahl und Bestellung der Schiedsrichter (außer bei neutraler Schiedsinstitution)
  • Konzentration aller denselben Streitgegenstand betreffenden Beschlussmängelstreitigkeiten bei einem Schiedsgericht

Grund für diese Anforderungen ist vor allem die Wirkung eines Urteils, das einen Beschluss für nichtig erklärt oder bestätigt. Ein solches Schiedsurteil wirkt für und gegen alle („inter omnes“). Demgemäß hielt der Bundesgerichtshof eine ihm vorgelegte Klausel führt teilweise unwirksam.

Mit dem MoPeG wird in §§ 111 ff. HGB ein ausführliches Prozesssystem zur Anfechtung oder Nichtigerklärung von Gesellschafterbeschlüssen in Personenhandelsgesellschaften, also offener Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft eingeführt. Nach der gesetzlichen Bestätigung der Teilrechtsfähigkeit der Personengesellschaft kennt aber auch der neue § 715b eine prozessuale Regelung der Gesellschafterklage. Vor allem § 113 HGB regelt die Anfechtungsklage, eine Regelung, die entsprechend auch auf die Nichtigkeitsklage anzuwenden ist. Er lautet:

§ 113 Anfechtungsklage

(1) Zuständig für die Anfechtungsklage ist ausschließlich das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat.

(2) Die Klage ist gegen die Gesellschaft zu richten. Ist außer dem Kläger kein Gesellschafter zur Vertretung der Gesellschaft befugt, wird die Gesellschaft von den anderen Gesellschaftern gemeinsam vertreten.

(3) Die Gesellschaft hat die Gesellschafter unverzüglich über die Erhebung der Klage und die Lage des Rechtsstreits zu unterrichten. Ferner hat sie das Gericht über die erfolgte Unterrichtung in Kenntnis zu setzen. Das Gericht hat auf eine unverzügliche Unterrichtung der Gesellschafter hinzuwirken.

(4) Die mündliche Verhandlung soll nicht vor Ablauf der Klagefrist stattfinden. Mehrere Anfechtungsprozesse sind zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden.

(5) Den Streitwert bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Bedeutung der Sache für die Parteien, nach billigem Ermessen.

(6) Soweit der Gesellschafterbeschluss durch rechtskräftiges Urteil für nichtig erklärt worden ist, wirkt das Urteil für und gegen alle Gesellschafter, auch wenn sie nicht Partei sind.

Insbesondere die Absätze 3, 4 und 6 werden Einfluss auf die Ausgestaltung von Schiedsklauseln haben. Die Klagefrist nach Abs. 4 S. 1 beträgt grundsätzlich 3 Monate ab Bekanntgabe des Beschlusses, § 112 Abs. 1 und 2 HGB. Selbstredend fehlt eine Vorschrift zur Mitwirkung bei der Besetzung des Gerichts. Das Landgericht ist ein staatliches Gericht mit nicht zuletzt Berufsrichtern. Besonders die Verfahrensregeln im § 113 Abs. 3 HGB klingen ebenso wie in § 6 überlegt, sodass sie gegebenenfalls in einer Schiedsabrede wiederholt werden sollten. Gleiches gilt für § 113 Abs. 4 HGB. Es bleibt abzuwarten, wie die Schiedsinstitutionen auf diese Gesetzesänderung reagieren werden.

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