Zu Heiligabend
2020 haben die Europäische Union und das Vereinigte Königreich doch noch ein Handelsabkommen
geschlossen, das die Handelsbeziehungen nach dem Wirksamwerden des BREXIT zum
1. Januar 2021 regelt.
Das Abkommen, das von beiden
Seiten noch ratifiziert werden muss, enthält für englische Kapitalgesellschaften
(Limited oder plc) mit Niederlassung in der Europäischen Union kein
ausdrückliches Anerkenntnis, sondern nur eine insoweit zwiespältige Regelung
auf Seite 79:
„Each
Party shall accord to investors of the other Party and to covered enterprises
treatment no less favourable than that it accords, in like situations, to its
own investors and to their enterprises, with respect to their establishment and
operation in its territory.“
Vorher heißt es:
“investor
of a Party” means a natural or legal person of a Party that seeks to establish,
is establishing or has established an enterprise in accordance with point (h)
in the territory of the other Party“
“establishment“
means the setting up or the acquisition of a legal person, including through
capital participation, or the creation of a branch or representative office in
the territory of a Party, with a view to creating or maintaining lasting
economic links“
Englische Investoren in Form einer Limited sollen also bei der Gründung
einer Zweigniederlassung wie Inländer behandelt werden („Inländerbehandlung“).
Aber was heißt das? Dem Prinzip der Inländerbehandlung folgend müssen
ausländische und inländische Anbieter grundsätzlich gleichbehandelt werden. Es
ist in allen Handelsabkommen der WTO festgeschrieben, für den Warenhandel (Art.
III GATT), den Handel mit Dienstleistungen (Art. XVII GATS) und für geistiges
Eigentum (Art. III TRIPS). Es betrifft aber grundsätzlich
nicht den Bereich des Gesellschaftsstatuts. Vor allem fordert auch das Recht
verschiedener Mitgliedstaaten wie Deutschland die Pflicht zur Eintragung einer
deutschen Kapitalgesellschaft („Sitztheorie“). Auch eine deutsche GmbH, die mit
der Limited aus England vergleichbar ist, muss in Deutschland im
Handelsregister eingetragen sein, wenn sie eine Niederlassung begründen will.
Ob die folgende
Vorschrift zur Meistbegünstigung
“Each
Party shall accord to investors of the other Party and to covered enterprises
treatment no less favourable than that it accords, in like situations, to
investors of a third country and to their enterprises, with respect to
establishment in its territory”
zu einem
anderen Ergebnis führt, etwa weil z.B. Deutschland durch den
Deutsch-Amerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag zur
Anerkennung US-amerikanischer Limited verpflichtet ist, bleibt abzuwarten.
Da in
Deutschland niedergelassene Kapitalgesellschaften, die in einer Rechtsform des
Vereinigten Königreichs organisiert und gegebenenfalls auch eingetragen sind,
nicht mehr dem Anwendungsbereich der europarechtlichen Niederlassungsfreiheit
unterfallen, wird ihnen wohl die Anerkennung ab dem 1. Januar 2021 versagt
werden.
Legt man die
vom Bundesgerichtshof zur Sitztheorie ergangene Rechtsprechung (z. B.: II ZR
158/06, zuletzt: IX ZR 92/17) zu dem auf nach Drittstaatenrecht gegründeten
Gesellschaften zugrunde, dürften die betreffenden Gesellschaften nunmehr als
eine der in Deutschland zur Verfügung stehenden Auffangrechtsformen behandelt
werden, das heißt als (kaufmännische) offene Handelsgesellschaft (OHG) oder als
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Bei Ein-Personen-Limiteds dürfte das
Vermögen ihrem vormaligen Alleingesellschafter zuzurechnen sein. Rechtliche
Konsequenz wäre die persönliche Haftung der Gesellschafter oder des Inhabers für
Verbindlichkeiten der Gesellschaft.
Für
grenzüberschreitende Verschmelzungsvorgänge, die bis zum Ablauf des 31.
Dezember 2020 begonnen wurden, enthält das Umwandlungsgesetz (UmwG) eine
Übergangsvorschrift. Es reicht aus, wenn der Verschmelzungsplan rechtzeitig
notariell beurkundet wurde. Der Vollzug durch das Handelsregister müsste nun
unverzüglich, spätestens aber bis zum 31. Dezember 2022 erfolgen. Das
Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz weist darauf hin, dass für den
Vollzug eines solchen Umwandlungsvorganges auch staatliche Stellen des
Vereinigten Königreichs, insbesondere das britische Companies House, zuständig
sind. Deren Mitwirkung ist insbesondere für die Erteilung der sogenannten
„Vorabbescheinigung“ erforderlich, was nach Kenntnis der Bundesregierung
Schwierigkeiten aufwirft.
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