Der Bundesgerichtshof (III ZR126/15) bestätigt die Unwirksamkeit einer fristlosen Kündigung eines Vertrags über die Betreuung eines Kindes in einer Kinderkrippe wegen Unwohlseins und Schlafschwierigkeiten in der Eingewöhnungsphase
Die Parteien streiten um wechselseitige Ansprüche aus einem Vertrag über die Betreuung eines Kleinkindes in einer Kinderkrippe.Für die Zeit ab 1. September 2013 schloss der Kläger mit der Beklagten einen Vertrag über die Betreuung seines am 3. Mai 2012 geborenen Sohnes. In diesen Vertrag einbezogen wurden die Regelungen in der "Betreuungsverordnung" der Beklagten, worin unter anderem Folgendes bestimmt ist: "Die Kündigung bedarf der Schriftform und ist von beiden Seiten ordentlich und mit einer Frist von 2 Monaten zum Ende eines Monats auszusprechen.“Sein Sohn besuchte die Kinderkrippe vom 9. bis zum 19. September 2013. An diesem Tag teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er die Betreuung nicht mehr in Anspruch nehmen wolle und bat um Rückzahlung der Kaution. Die Beklagte bestand demgegenüber auf der Einhaltung des Vertrags und verweigerte die Rückzahlung. Mit Anwalts-schreiben vom 25. September 2013 kündigte der Kläger den Betreuungsvertrag „mit sofortiger Wirkung“
Die Beklagte kann vom Kläger die Betreuungsvergütung für die
Monate September bis November 2013 - mit Ausnahme der Verpflegungs- und Pflegemittelpauschale
für Oktober und November 2013 – beanspruchen. Ein Kündigungsrecht nach § 627
Abs. 1 BGB, das durch AGB grundsätzlich nicht wirksam abbedungen werden kann, stand
dem Kläger nicht zu. Denn bei dem vorliegenden Betreuungsvertrag handelt es
sich zwar um einen Dienstvertrag (§ 611 BGB); die Voraussetzungen des § 627
Abs. 1 BGB liegen aber nicht vor. Unabhängig von der Frage, ob Dienste höherer
Art geschuldet sind, ist der vorliegende Betreuungsvertrag nämlich als ein
dauerndes Dienstverhältnis mit festen Bezügen einzuordnen.
Ohne Rechtsfehler haben beide Vorinstanzen auch einen Grund
für eine fristlose Kündigung nach § 626 BGB verneint. Unwohlsein und
Schlafschwierigkeiten in der Eingewöhnungsphase reichen dafür nicht.
Das Urteil des Bundesgerichtshofs ist schon deshalb zu
begrüßen, weil es etwas Licht ins Dunkel der Nutzungsbedingungen von
Kindergärten bzw. Kindertagesstätten bringt. Der Markt für Kinderbetreuung wird
ständig größer, nicht zuletzt auch durch die Ausgestaltung der Nutzung der
Einrichtungen kommunaler Träger in privatrechtlicher Form und nicht durch eine
öffentlich-rechtliche Satzung mit Gebühren. Zur Gestaltung oder Prüfung solcher
Geschäftsbedingungen halten wir insbesondere fest:
1. Ein Vertrag zur Betreuung von Kindern kann nicht ohne
wichtigen Grund gemäß § 627 Abs. 1 BGB fristlos gekündigt werden. Es handelt
sich um ein dauerndes Dienstverhältnis mit festen Bezügen. Insofern ist ein solcher
Vertrag nicht anders zu beurteilen als ein Privatschulvertrag (BGH III ZR 74/07).
2. Auch bei Kleinstkindern wie hier im Alter von einem Jahr
ist eine zweimonatige ordentliche Kündigungsfrist nicht zu beanstanden.
3. Ein wichtiger Grund liegt auch nicht ohne weiteres schon
darin, dass ein Kleinkind nach Aufnahme in eine Kinderkrippe Unwohlsein und
Schlafschwierigkeiten zeigt. Diese Folgen der Eingewöhnungsphase sind verbreitet
und fallen grundsätzlich in den Risikobereich der Eltern.
3. Der Kindergartenbetreiber kann keine erhebliche „Kaution“
zur freien Verfügung verlangen.
4. Eine Nutzungspflicht, um Fördergelder für den
Kindergartenbetreiber zu sichern, kann nicht vereinbart werden.
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