Urteil des Kammergerichts vom 21. März 2016 52 W 64/15 sorgt für Klarheit
Im Zuge der Öffnung der strengen Sitztheorie in Deutschland
wird seit der SEVIC-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur
grenzüberschreitenden Verschmelzung vom 13. Dezember 2005 (C-411/03) die
praktische Umsetzung von grenzüberschreitenden Umwandlungen in der Europäischen
Union diskutiert. Gesetzgeberisch wurde das deutsche Umwandlungsgesetz aufgrund
der Richtlinie 2005/56/EG über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften
verschiedener Mitgliedstaaten vom 26.10.2005 (ABl EU Nr L 310, 1) um die §§
122a ff. UmwG zur grenzüberschreitenden Verschmelzung ergänzt. Alle anderen grenzüberschreitenden
Umwandlungen wie Spaltung, Ausgliederung oder Formwechsel sind allerdings in
Deutschland noch nicht normiert.
Vorliegend geht es um den Formwechsel einer französischen Société
à responsabilité limitée in eine deutsche GmbH.
Nach der Rechtsprechung des EuGH zur Auslegung der Art. 49,
54 AEUV, die dem nationalen Recht vorgehen, ist davon auszugehen, dass
insbesondere die Vorschriften der §§ 191, 226 UmwG, die eigentlich abschließend
die Rechtsträger benennen, die einen Formwechsel durchführen können, dem
angemeldeten Formwechsel nicht entgegen stehen, auch wenn sie - wie hier - den
beteiligten ausländischen Rechtsträger nicht als formwechselfähig aufführen
(vgl. dazu EuGH, Urteil vom 12. Juli 2012 - C 378/10 - Vale).
Die danach erforderliche Anpassung des deutschen Sachrechts
hat nicht unter Anwendung der Vorschriften über den grenzüberschreitenden
Sitzwechsel einer Europäischen Aktiengesellschaft zu erfolgen, denn die
supranationale Rechtsform der Europäischen Aktiengesellschaft SE ist vor allem
auf Großunternehmen zugeschnitten. Die hohen Anforderungen an den Formwechsel
würden zu einer erheblichen Benachteiligung gegenüber einer vergleichbaren
deutschen Kapitalgesellschaft, im konkreten Fall einer deutschen GmbH führen.
Aus diesem Grund muss es bei einer Anwendung der Regeln eines Formwechsels
einer Kapitalgesellschaft in eine GmbH bleiben, wie sie das UmwG vorsieht.
Danach muss der Gesellschaftsvertrag u. a. Zahl und Nennbeträge der Geschäftsanteile
enthalten oder den Hinweis, dass die Kapitalaufbringung durch den Formwechsel
der ursprünglichen Gesellschaft erfolgt ist. Außerdem kann wie hier bei einer
französischen Société à responsabilité limitée der Nachweis die Werthaltigkeit
des Vermögens verlangt werden. Nur im Falle des Formwechsels einer Aktiengesellschaft
oder vergleichbaren ausländischen Handelsgesellschaft mit strengerem
Prüfungsmaßstab bei der Kapitalaufbringung ist eine solche
Werthaltigkeitsprüfung nicht vorgeschrieben.
Das Kammergericht bestätigt damit die Rechtsprechung des OLG
Nürnberg zum Formwechsel einer luxemburgischen Société à responsabilité limitée
nach Deutschland in eine deutsche GmbH, Beschluss vom 19. Juni 2013 - 12 W
520/13.
Grenzüberschreitende Umwandlungen mit Staaten außerhalb der
Europäischen Union bleiben weiterhin sowohl gesetzgeberisch als auch judikativ
so gut wie unreguliert. Hier ist im Zweifel sehr viel juristische Kreativität
und Zusammenarbeit mit den Beteiligten Registern erforderlich. Die Unsicherheit
über die Wirksamkeit einer solchen Umwandlung und damit steuerrechtliche
Anerkennung macht solche Umwandlungen oft von Anfang an schon undurchführbar.
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