Montag, 2. Juli 2012

Kennzeichenstreitsache selbst dann, wenn der Kläger sich auf § 5 Abs. 2 UWG stützt


Landgericht Aschaffenburg bestätigt die Konzentration von Kennzeichenstreitsachen in Nordbayern beim Landgericht Nürnberg-Fürth

Mit der Ergänzung des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) durch den Zusatz in § 5: „Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft.“ hatte sich die Vorrangthese des Bundesgerichtshofs (seit BGHZ 138, 349 - MAC Dog) nahezu erledigt. Nach dieser These war ein Fall ausschließlich nach dem Markengesetz zu beurteilen, wenn es um eine Marke ging. Mit der obigen Übernahme des Regelungsinhaltes der europäischen Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (2005/29/EG, „UGP-Richtlinie“) kann eine diesbezügliche Markenverletzung auch ausschließlich auf § 5 Abs. 2 UWG gestützt werden.
Was bedeutet das allerdings für die konzentrierte Zuständigkeit einzelner Landgerichte in den Bundesländern bei Kennzeichenstreitsachen gemäß § 140 Markengesetz? Nach Ansicht des Landgerichts Aschaffenburg (2HK O 73/11) sind auch Klagen, die ausschließlich auf § 5 Abs. 2 UWG geschützt werden, vor dem nach § 140 Markengesetz zuständigen Landgericht zu verhandeln, in Bayern beispielsweise also ausschließlich vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth oder dem Landgericht München. Die fachliche Kompetenz dieses Gerichts soll auch für Kennzeichenstreitigkeiten nach dem UWG genutzt werden. Das macht Sinn, ist aber auch dadurch begründet, dass auch Streitigkeiten nach § 5 Abs. 2 UWG letztendlich auf dem Markengesetz basieren, nämlich der Entscheidung, ob überhaupt eine Marke entstanden und verletzt wurde.
Die Entscheidung des Landgerichts Aschaffenburg, die vom Oberlandesgericht Bamberg in der Berufungsverhandlung insoweit ausdrücklich als richtig erachtet wurde, ist zu begrüßen: Sie verhindert Entscheidungen durch mit Markensachen nicht vertrauten Landgerichten. Der schon jetzt nicht gerade starken Einheitlichkeit der Rechtsprechung im gewerblichen Rechtsschutz ist damit gedient.
Auffällig ist die Entscheidung des Landgerichts Aschaffenburg noch im Hinblick auf die Zurückweisung eines Antrags auf einstweilige Verfügung bei Unzuständigkeit. Sie stützt die nicht besonders verbreitete Meinung von Teplitzky Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren Kapitel 55 Rn. 28 Fußn. 60 m.w.N.; Pastor/Ahrens/Bähr Wettbewerbsprozess Kapitel 56 Rn. 24. Der grundrechtlich geschützte Anspruch des Verfügungsbeklagten auf den gesetzlichen Richter und rechtliches Gehör (Art. 101 Abs. 1 S. 2, 103 Abs. 1 GG) würde unzumutbar beschnitten, dürfte der Rechtsstreit noch an das zuständige Gericht verwiesen werden. Der Verfügungsbeklagte bliebe bis zur Entscheidung des zuständigen Gerichts an ein Verbot gebunden, das mangels Zuständigkeit des erkennenden Gerichts nicht ergehen durfte. Bei gewöhnlichen Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz mag das noch angehen. Angesichts der Bedeutung von Zuständigkeitsfragen in Wettbewerbsprozessen darf dieser Mangel bei Erlass der Beschlussverfügung nicht bagatellisiert werden. Die fehlende Möglichkeit der Revision zum Bundesgerichtshof gibt dem Gerichtsstand und der damit verbundenen einschlägigen Rechtsprechung des zuständigen Oberlandesgerichts entscheidende Bedeutung. Bekanntlich variiert die Rechtsprechung zwischen den verschiedenen Oberlandesgerichten erheblich.

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