Der Bundesgerichtshof (
VIII ZR 104/14) führt seine strenge Rechtsprechung zur
Unwirksamkeit von Haftungsbeschränkungen bei Mängeln einer Kaufsache fort. Diesmal erfolgt die Attacke nicht über die fehlende
Ausnahme für eine Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit gemäß § 309 Nr. 7
Buchst. a BGB, sondern über fehlende Transparenz gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.
Die Klägerin kaufte vom Beklagten, einem Autohändler, einen
gebrauchten Pkw, den er am 23. Februar 2010 an sie übergab.
Dem Kaufvertrag liegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen
des Beklagten zugrunde. Diese entsprechen den "Allgemeinen
Geschäftsbedingungen für den Verkauf gebrauchter Kraftfahrzeuge und Anhänger,
Unverbindliche Empfehlung des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe
e.V. (ZDK)" mit Stand 3/2008. Sie lauten auszugsweise wie folgt:
"VI. Sachmangel
1. Ansprüche des Käufers wegen
Sachmängeln verjähren in einem Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstandes an den
Kunden. […]
5. Abschnitt VI Sachmangel gilt
nicht für Ansprüche auf Schadensersatz; für diese Ansprüche gilt Abschnitt VII
Haftung.
VII. Haftung
1. Hat der Verkäufer aufgrund der
gesetzlichen Bestimmungen für einen Schaden aufzukommen, der leicht fahrlässig
verursacht wurde, so haftet der Verkäufer beschränkt:
Die Haftung besteht nur bei
Verletzung vertragswesentlicher Pflichten, etwa solcher, die der Kaufvertrag
dem Verkäufer nach seinem Inhalt und Zweck gerade auferlegen will oder deren
Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Kaufvertrages überhaupt erst
ermöglicht und auf deren Einhaltung der Käufer regelmäßig vertraut und
vertrauen darf. Diese Haftung ist auf den bei Vertragsabschluss vorhersehbaren
typischen Schaden begrenzt. […]
5. Die Haftungsbegrenzungen
dieses Abschnitts gelten nicht bei Verletzung von Leben, Körper oder
Gesundheit."
Der Anspruch auf Schadensersatzansprüche wegen einer
Verletzung der Pflicht zur Nacherfüllung (§ 439 Abs. 1 BGB) sei nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht verjährt,
denn die Regelungen zur Verjährungsfrist in Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1, Nr. 5
der Allgemeinen Geschäftsbedingungen genügten den Anforderungen des
Transparenzgebots nicht und sind deshalb wegen unangemessener Benachteiligung
unwirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Regelungen sseieen nicht klar und
verständlich, da sich ihnen die Auswirkungen dieser Klauseln auf
Schadensersatzansprüche wegen einer Verletzung der Pflicht zur Nacherfüllung (§
439 Abs. 1 BGB) nicht mit der erforderlichen Klarheit entnehmen ließen.
Dem Käufer kann gegen den Verkäufer einer mangelhaften Sache
ein Anspruch, welcher auf die Zahlung der für die Reparatur erforderlichen
Kosten gerichtet ist, als Schadensersatz statt der Leistung unter zwei
Gesichtspunkten zustehen. Zum einen kann der Verkäufer seine Pflicht zur
Lieferung der mangelfreien Kaufsache (§ 433 Abs. 1 Satz 2 BGB) schuldhaft
verletzt haben; zum anderen kann sich ein solcher Anspruch unter dem
Gesichtspunkt einer Verletzung der Verpflichtung des Verkäufers zur
Nacherfüllung (§ 439 Abs. 1 BGB) ergeben (vgl. Senatsurteil vom 17. Oktober
2012 - VIII ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 11 ff.).
Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung
des Vertragsgegners auch daraus ergeben, dass eine Bestimmung nicht klar und
verständlich ist. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist daher nach
den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten seiner
Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen (st. Rspr
zuletzt: BGH, Urteile vom 9. April 2014 - VIII ZR 404/12). Der Verwender muss
folglich einerseits die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so
genau beschreiben, dass für ihn keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume
entstehen. Der Vertragspartner soll andererseits ohne fremde Hilfe möglichst
klar und einfach seine Rechte feststellen können, damit er nicht von deren
Durchsetzung abgehalten wird.
Den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten lässt
sich nicht entnehmen, dass die Verjährung des von Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1
erfassten Nachbesserungsanspruchs dazu führen kann, dass ein
Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Nachbesserungspflicht nach Ablauf
eines Jahres ab Ablieferung der Kaufsache nicht mehr geltend gemacht werden
könnte. Erst recht erschließt sich ihm nicht, wie der Widerspruch zwischen den
gegenläufigen Regelungen des Abschnitts VI Nr. 1 Satz 1 und VI Nr. 5 aufzulösen
ist. Die Klauseln geben keine eindeutige Antwort darauf, ob und inwieweit sich
die bei Zugrundelegung von Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen nach Ablauf eines Jahres eintretende Verjährung des
Nacherfüllungsanspruchs auf den Schadenersatzanspruch wegen der Verletzung der
Pflicht zur Nacherfüllung auswirkt und damit dessen erfolgreicher
Geltendmachung bereits vor Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von zwei
Jahren entgegensteht. In Anbetracht dieses Widerspruchs zwischen den Reg-lungen
in den Abschnitten VI Nr. 1 Satz 1 (Verkürzung der Verjährung für
Nachbesserungsansprüche) und VI Nr. 5 und VII (keine Verjährungsverkürzung für
Schadensersatzansprüche) ist für einen durchschnittlichen Vertragspartner des
Verwenders nicht erkennbar, ob ein Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung
der Pflicht zur Nacherfüllung erst nach Ablauf der gesetzlichen
Verjährungsfrist von zwei Jahren oder bereits nach einem Jahr nicht mehr mit Erfolg
geltend gemacht werden kann, weil der Verkäufer nach Ablauf eines Jahres die
Nacherfüllung gemäß § 214 Abs. 1 BGB verweigern darf, ohne pflichtwidrig zu
handeln.
Für
den Käufer, zumal als Verbraucher ist das begrüßenswert. So kommt die für ihn
vorteilhafte gesetzliche Regelung vor allem gemäß §§ 434 ff. BGB zur
Mängelhaftung aufgrund Kaufvertrags zur Geltung. Eine differenzierende
Sichtweise speziell im unternehmerischen Geschäftsverkehr wird allerdings
zunehmend schwieriger. Wer nicht jede, unter Umständen auch fern liegende
Variante bedenkt, erhält als Verwender von Geschäftsbedingungen die Quittung
mit der Unwirksamkeit dieser Klausel. Schon die Verkürzung der Verjährungsfrist
ohne Ausnahme der Verjährung für eine Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit
gemäß § 309 Nr. 7 Buchst. a BGB( BGH a.a.O.) war für manchen Beobachter
erstaunlich, doch zeigt die vorliegende Entscheidung, dass pauschale Haftungsausschlüsse
für den Verwender von Geschäftsbedingungen weiterhin gefährlich sind. Hätte
sich vorliegend der Verwender, also der Verkäufer der Gebrauchtwagen, die Mühe
gemacht und die Ausnahme vom Haftungsausschluss wegen Verletzung von Leben,
Körper und Gesundheit auch bei den kaufrechtlichen Sekundäransprüchen im Falle
von Mängeln (VI der streitgegenständlichen Geschäftsbedingungen) formuliert und
nicht nur wie geschehen im Falle der Schadensersatzansprüchen, wäre ihm die
jetzige Haftung erspart geblieben. Stattdessen meinte er mit der Verweisung der
Haftung für Schadensersatzansprüche auf der sicheren Seite zu sein. Wie wir
sehen können, war dies eine trügerische Ansicht. Für die Praxis der Gestaltung
von Verkaufsbedingungen muss also weiterhin gelten, dass Klauseln möglichst
abschließend und für sich allein geltend formuliert werden. Verweisungen auf
andere Teile der Bedingungen sind mit der Beeinträchtigung der Transparenz zu
unterlassen.